2. Oktober 1940
Aus dem Urteil des Sondergerichts Rostock gegen den Melker August Spacek aus Elmenhorst im Kreis Rostock, 2. Oktober 1940
„In der Strafsache gegen
1. den Melker August Spacek aus Elmenhorst,
2. den polnischen Arbeiter Stanislaus Pardel aus Elmenhorst, wegen Verbrechens
nach § 1 u. 2 der Verordnung über außerordentliche Rundfunkmassnahmen vom 1.9.1939[1] hat das Sondergericht im Bezirk des Oberlandesgerichts Rostock in der Sitzung vom 2. Oktober 1940 in Bad Doberan, an welcher teilgenommen haben:
Landgerichts-Direktor Nebee als Vorsitzender
Oberamtsrichter Schultze,
Landgerichtsrat Dr. Prinz als beisitzende Richter,
Landgerichtsrat Dr. Wendelstorf als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Justizangestellter Lippert als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Der Angeklagte Spacek hat absichtlich ausländische Sender abgehört und Nachrichten derartiger Sender, die geeignet sind, die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden, vorsätzlich verbreitet. Er wird wegen Verbrechens gegen § I u. 2 der VO. über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 1.9.1939, § 73 StGB. zu 4 (vier) Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf diese Strafe wird I Monat der Untersuchungshaft angerechnet. Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm auf die Dauer von 5 (fünf) Jahren aberkannt. Das benutzte Empfangsgerät wird eingezogen. Der Angeklagte Pardel wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte Spacek zu tragen. Soweit durch das Verfahren gegen den Angeklagten Pardel Kosten entstanden sind, fallen sie der Reichskasse zur Last.
Auf Grund der Angaben des Angeklagten Spacek sind in der Hauptverhandlung weiter folgende Feststellungen getroffen worden:
Der Angeklagte Spacek hatte sich im November 1938 einen Volksempfänger gekauft und diesen in seiner Stube bei dem Bauern Upplegger aufgesteIlt. Mit Leo Czwacek und drei weiteren polnischen Zivilarbeitern (Anion Tominski, Josef Spanski und Maryan Wozdignoj), die bei anderen Landwirten in Elmenhorst beschäftigt waren, hat der Angeklagte Spacek im Januar und Februar 1940 fortgesetzt ausländische Rundfunksender abgehört. Das erste Mal drehten die Polen nach dem deutschen 20 Uhr-Nachrichtendienst in Gegenwart des Angeklagten Spacek solange am Rundfunkgerät, bis ein ausländischer Sender mit Nachrichtendienst in polnischer Sprache erschien. Der Angeklagte Spacek kann nur wenig polnisch. Er konnte den Inhalt des Nachrichtendienstes nicht verstehen. Nach Beendigung der Sendung hat Anton Tominski, der deutsch versteht, dem Angeklagten Spacek den Inhalt der Sendung erzählt. ….Leo Czwacek war fast jeden Abend bei Spacek, um ausländische Nachrichten zu hören. Tominski, Szepanski und Wozdignoj kamen 2 bis 3 Mal in der Woche. Auch der Angeklagte selbst hat wiederholt ausländische Sender mit polnischen Nachrichten eingestellt. Sonst ließ er es zu, daß die Polen derartige Sendungen einstellten und abhörten. …Was die gegen den Angeklagten Spacek zu erkennende Strafe betrifft, so ist diese nach § 73 StGB aus· § 2 der Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen zu entnehmen. Bei der Höhe der Strafe ist berücksichtigt worden, daß der Angeklagte Spacek besonders ehrlos gehandelt hat. Er hat sich als Deutscher nicht gescheut, polnischen Volksangehörigen ständig die Möglichkeit zu verschaffen, ausländische Hetzmeldungen zu hören. Seine Tat hatte auch schwerwiegende Folgen. So wurden die polnischen Arbeiter aufsässig; zum Teil flohen sie sogar von ihrer Arbeitsstätte.“[2]
[1]https://de.wikipedia.org/wiki/...
[2] Behrens, Beate/Jahnke, Karl Heinz/Geltz, Anne/Wendt, Inge (Hrg.): Mecklenburg in der Zeit des Nationalsozialismus 1933 - 1945. Eine Dokumentation, Rostock 1995, S. 116ff.
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