3. April 1984
Der Rostocker Soziologieprofessor Peter Voigt veröffentlichte Ende März 1984 in der Wochenendausgabe der Ostsee-Zeitung unter der Überschrift „Sozialistische Sozialpolitik geht auf Dauer nur, wenn gut gearbeitet wird“ einen Artikel der auf die Diskrepanz zwischen ideologischen Wunschvorstellungen und der DDR-Realität verwies. Vorausschauend hatte er einige pointierte Aussagen in den Text eingebaut, wissend, dass sie von der Redaktion wieder herausgenommen würden. Weniger anstößige Grundaussagen sollten so erhalten bleiben. Die verantwortliche Lektorin liess den Artikel jedoch ungekürzt drucken. Spätestens nachdem „Die Welt“ aus Hamburg am 3. April mit der Überschrift „DDR: Probleme mit Überqualifizierten“ über den Artikel berichtete zog der Artikel Kreise. Erich Honecker, der auf Vilm im Urlaub war wollte aus dem Westfernsehene von dem Artikel erfahren haben. Nachdem Horst Dohlus, Sekretär des Zentralkomitees der SED und zuständig für die Parteiorgane, in der Rostocker SED-Bezirksleitung „Bezirkschef“ Ernst Timm, der auf Kur weilte nicht erreichte traf der „Partei-Zorn“ die verantwortliche Redaktion. Die sechs Sekretäre der Rostocker SED-Bezirksleitung mussten ausserdem am 11. April 1984 in Berlin vor dem Sekretariat des SED-Zentralkomitees Rede und Antwort stehen.[1]
[1] Vgl. Halbrock, Christian: „Freiheit heißt, die Angst verlieren“ Verweigerung, Widerstand und Opposition in der DDR: Der Ostseebezirk Rostock, Göttingen 2014, S. 174f.