Widerstand in Mecklenburg-Vorpommern

Pütte: Pfarrer Friedrich Schauer leitet Pfarrernotbund

20. November 1934

Pfarrernotbund/Pommern

Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Provinzialjugendpfarrer Friedrich Schauer[1] in Stettin abgesetzt und durch einen Pfarrer, der den Deutschen Christen angehörte, ersetzt. Schauer übernahm daraufhin das Landpfarramt in Pütte.[2] Im Mai 1934 teilte das Konsistorium in Stettin der Kirchenkanzlei der evangelischen Kirche jedoch mit, dass die Herstellung des innerkirchlichen Friedens erst möglich sei, wenn Schauer die Provinz verlassen hätte. Daraufhin wurde er nach Ostpreußen versetzt. Weil er sich weigerte, Pütte zu verlassen, wurde er eines Dienstes enthoben und ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. Der Gemeindekirchenrat[3] und der Stralsunder Oberbürgermeister Heydemann als Kirchenpatron protestierten dagegen. Das Konsistorium in Stettin antwortete, dass Schauer als Vorsitzender des Pfarrernotbundes in Pommern Verwirrung in die Kirchenprovinzen trage. „Dr. Schauer habe als Führer des pommerschen Pfarrernotbundes in vielen Kundgebungen und Zusammenkünften, in zahllosen Flugblättern und Rundschreiben enger Zusammenarbeit mit der ‚sogenannten pommerschen Bekenntnissynode‘ Unruhe und Verwirrung in die Kirchenprovinz hineingetragen. Seine Tätigkeit gefährde die Volksgemeinschaft und die Entfaltung eines gesunden kirchlichen Lebens.“[4]

Am 20. November 1934 wurde durch die Ungültigkeitserklärung der Reichskirchengesetze

Schauer vom Konsistorium mitgeteilt, dass er „dauernd Pfarrer in Pütte und nie Pfarrer in Ostpreußen gewesen" sei. Das Disziplinarverfahren wurde niedergeschlagen.[5] Im Jahr 1937 verzog Schauer nach Soest.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Schauer_(Pfarrer), http://www.ev-akademie-baden.d...

[2] An anderer Stelle schreibt Inachin:  „So wurde Landesjugendpfarrer Dr. Schauer aus Pütte bei Stralsund abgesetzt, ein Deutscher Christ trat an seine Stelle.“ Inachin, S.172.

[3] Der Gemeindekirchenrat schrieb an das Stettiner Konsistorium: „Schon rein menschlich ist das Vorgehen der Behörde grausam. Dr. Schauer hat im Kriege das linke Auge verloren und trotzdem den ganzen Krieg mitgemacht. Nun versetzt man ihn in eine Gemeinde, deren weite Entfernung die Kräfte des Schwerverletzten übersteigen und deren Klima ihm, dem Kopfleidenden, unerträglich ist. Der Oberhirte der Pommern sagte, daß die Kirche alten Kriegern und besonders den Kriegsverletzten tiefen Dank schulde. Aber in seinen jungen Jahren spricht es sich leicht vom Dank des Vaterlandes, und er kann sich wohl nicht in die Lage einer Gemeinde hineinversetzen, der man gegen ihren einstimmigen Willen den Seelsorger raubt. Weil auf die begründete Eingabe der Gemeinde nur kühl erwidert wurde, es bleibe bei der Versetzung des Pastors, mußte der Gemeindekirchenrat sich aufs neue mit folgender Frage an die Behörde wenden: Soll das bedeuten, daß in der neuen deutsch-christlichen Kirche Gemeinden überhaupt keine auf die Sache eingehende Antwort mehr erhalten werden? Wir könnten darauf nur antworten, daß in einer solchen Kirche für unsere wie für jede echte evangelische Gemeinde kein Raum mehr sein kann.“ Inachin, S. 180.

[4] Inachin, Kyra T.: Von Selbstbehauptung zum Widerstand. Mecklenburger und Pommern gegen den Nationalsozialismus 1933 bis 1945, Kückenshagen 2005, 179f.

[5] Vgl. Inachin, S. 180.