Widerstand in Mecklenburg-Vorpommern

Greifswald: Rosmarie Poldrack gründet „Bürgerinitiative Kernenergie e.V. zur Förderung alternativer Energiekonzepte“

1. März 1989

Ärzte Frauen KKW Greifswald

„Rosmarie Poldrack wird 1955 in Nerchau bei Leipzig geboren. … Aufgrund ihres Engagements wird ihr ein Medizinstudium in Leipzig verwehrt, weil ihre „materialistische Weltanschauung nicht gefestigt“ sei. So kommt Poldrack 1973 nach Greifswald und studiert Humanmedizin. Auch hier wird sie wieder kirchlich aktiv. Die Studentengemeinde, dessen Vertrauensstudentin sie ist, hat Verbindungen nach Düsseldorf und Bonn. In der Umweltgruppe kursiert Literatur aus der BRD, die heimlich vervielfältigt wird. 1979 beendet sie ihr Studium und arbeitet als Ärztin in Stralsund und Greifswald. Doch die Umweltthemen lassen Rosmarie Poldrack nicht los. Nach der Katastrophe 1986 in Tschernobyl kommen Zweifel auf, auch am größten Kernkraftwerk der DDR in Lubmin bei Greifswald, das doch eigentlich als Vorzeigeobjekt sozialistischer Werktätiger gilt. Seitdem gilt ihr Engagement v.a. der Anti-Atombewegung. Mit KollegInnen gründet sie im Frühjahr 1989 die „Bürgerinitiative Kernenergie e.V. zur Förderung alternativer Energiekonzepte“ in Greifswald. Sie wird Vorsitzende der Bürgerinitiative, die sich für eine Abschaltung des KKWs Lubmin und später gegen die Einrichtung eines bundesweiten atomaren Zwischenlagers am gleichen Standort einsetzt. Neben der Anerkennung für ihr Engagement schlägt Rosmarie Poldrack auch Ablehnung und sogar Hass entgegen. Nach der Abschaltung des KKWs Lubmin 1990 werden viele der zu Spitzenzeiten 20.000 Beschäftigten arbeitslos. Sie bekommt Drohanrufe, auf der Straße wird sie beschimpft. Dennoch ist sie auch heute noch froh, so viel Zeit und Kraft für diesen Ausstieg investiert zu haben.“

ausstellung_frauen_in_mv_web.pdf (boell-mv.de)