Widerstand in Mecklenburg-Vorpommern

Boizenburg: Schüler Lothar Borbe erlebt 17. Juni 1953

17. Juni 1953

17. Juni 1953

Der damalige Schüler Lothar Borbe erinnert sich an den 17. Juni 1953 in Boizenburg: „Als wir an diesem Tag von der Schule auf die Siedlung zurückkamen, wurden wir Augenzeuge eines Zwischenfalls am Werktor der Elbewerft. Man fürchtete vermutlich auch in Boizenburg Arbeiterdemonstrationen. Die es zu unterbinden galt. Polizei sollte die Werftarbeiter nach Schichtende am Verlassen des Werftgeländes hindern. Einige Arbeiter versuchten, sich an den Polizisten vorbei zu mogeln. Einem schien das auf seinem Fahrrad auch zu gelingen. Ein Polizist jedoch bekam ihn zu fassen. Der Radfahrer strauchelte, und schlug mit voller Wucht auf das Straßenpflaster. Das waren hier in Boizenburg die einzigen Hinweise auf die Ereignisse, die den Arbeiter- und Bauernstaat bis ins Mark erschüttern sollten. Mein Vater, ein durchaus ‚klassenbewusster‘ Arbeiter (Produktionsarbeiter und SED-Mitglied), mit dem ich darüber sprechen wollte, konnte mir auch keinen Halt geben: ‚Mein Junge, wir können unseren Berliner Kameraden nur danken, dass sie so viel Mut aufbringen. Die da oben hätten uns noch das letzte Hemd ausgezogen."[1]

[1] 17. Juni 1953 - Zeitzeugen berichten. Protokoll eines Aufstands,  herausgegeben von Peter Lange und Sabine Roß unter Mitarbeit von Barbara Schmidt-Mattern im Auftrag der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und des Deutschlandfunk, Münster 2004, S. 293f.