20. September 1961
Jugendwiderstand Wehrkundeunterricht
Am 20. September 1961, dem Tag der Verabschiedung des neuen Verteidigungsgesetzes, erschien die zwölfte Klasse der Geschwister Scholl Oberschule Anklam in schwarzer Kleidung zum Unterricht. Grund war die Kampagne „Das Vaterland ruft – Schützt die sozialistische Republik“. In deren Rahmen sollen sich die männlichen Jugendlichen zum zweijährigen Dienst in der Nationalen Volksarmee und die Mädchen zu Zivilschutzlehrgängen verpflichten. Während die meisten Lehrer die „Provokation in Schwarz“ ignorierten, fragte einer die Schüler nach dem Grund. Diese antworteten, sie trügen ihre Zukunft zu Grabe. Während zwei Schüler kurz darauf verhaftet wurden, mussten drei weitere an andere Schulen wechseln. Daraufhin schrieben verbleibende Schüler Solidaritätsadressen an Wandtafeln, woraufhin das MfS weitere Schüler verhaftete. Kurt Hager, Erich Honecker und Walter Ulbricht bewilligten kurz darauf den Vorschlag alle beteiligten Schüler und Lehrer der Schule zu verweisen. Das ZK der SED beschloss außerdem eine Auswertung der Kampagne zu diesem Vorfall in allen Bezirken und Kreisen der DDR. In Anklam wurden Stellungnahmen der Eltern der betroffenen Schüler eingefordert. Ende November 1961 waren fünf Lehrer entlassen, mehrere Funktionäre ihres Amtes enthoben und Partei- und Gewerkschafts-Gruppe der Schule aufgelöst. Der Anklamer Superintendent betete öffentlich für die Verhafteten und besuchte betroffene Eltern.[1]
[1] S. Vgl. Aktive Jugend — wohlerzogen und diszipliniert. Wehrerziehung in der DDR als Sozialisations- und Herrschaftsinstrument (1960 —1973), Münster 2000, 233ff. https://www.jugendopposition.d...