Widerstand in Mecklenburg-Vorpommern

Anklam: Frank Castorf pflegte eher einen „etwas anderen“ Spielplan

1. Januar 1982

Theater

Am Anklamer Theater wirkte ab 1981 der Regisseur Frank Castorf.[1] Mit weitgehend autonomen Produktionen und freien Theatergruppen pflegte er einen „etwas anderen“ Spielplan und holte Schauspieler wie Leander Haußmann[2] ans Haus.  Castorf erinnert sich an diese Zeit: „Da waren plötzlich Leute dabei, die sehr viel Ärger hatten, kaum Arbeit bekamen, Arbeitsverbot, oder wo Ausreiseanträge waren, auch Alkoholiker. Leute, die so eine extrem eigene Handschrift haben und woanders nicht klargekommen sind.“[3] Staatlicherseits wurde ihm vorgeworfen, es gehe ihm  „nicht mehr um sozialistisches Theater“.[4] Ein paar Wochen vor der Premiere des Stücks „Trommeln in der Nacht“ im März 1984 wurde der Hauptdarsteller Horst-Günther Marx verhaftet[5] und auch das Generalprobenpublikum des Theaters verwiesen.[6] Castorf verließ im Februar 1985 Anklam.[7] Das MfS notierte 1985 trotzdem: „Alternative Theaterauffassungen am Landestheater Anklam haben sich weiter verfestigt. Die Lage am Theater ist darüber hinaus gekennzeichnet durch eine Konzentration von Übersiedlungsersuchenden (5 Personen), Rückverbindungen ehemaliger, am Theater tätig gewesener DDR-Bürger und einer zunehmenden Überfremdung des Publikums (bis zu 3/4) aus anderen Bezirken insbesondere Berlin).[8]

[1] https://books.google.de/books?...

[2] https://books.google.de/books?...

[3] Castorf, in: Siegfried Wilzopolski: Theater des Augenblicks. Die Theaterarbeit Frank Castorfs. Berlin 1992, S. 13.

[4] Matthias Matussek: Das Provinztheater in Anklam, DDR. In: Rudolf Augstein (Hrsg.): Ein deutsches Jahrzehnt. München 1997, S. 193

[5] http://www.tlz.de/web/zgt/kult...

[6] Vgl. Erbärmliche Macht. Erinnerungen an „Trommeln in der Nacht“ (1984/1992), in: Siegfried Wilzopolski: Theater des Augenblicks. Die Theaterarbeit Frank Castorfs. Berlin 1992, S. 75-78.

[7] https://books.google.de/books?...

[8] Information über Inhalt und Tendenzen politischer Untergrundtätigkeit und ihr vorgelagerter Erscheinungen im Bezirk, 14.5.1985, MfS, BStU BVfS Potsdam AKG 258, Bl. 134.