Widerstand in Mecklenburg-Vorpommern

Ahlbeck: Pfarrer verweigert Beerdigung wegen Jugendweiheteilnahme

13. November 1957

Widerstand aus der Evangelischen Kirche Pfarrer Pommern Jugendweihe

Am 13. November 1957 erhielt die SED-Bezirksleitung Rostock Nachricht davon, dass Pastor Christian Schwenker in Ahlbeck  einem Verstorbenen wegen dessen Teilnahme an der Jugendweihe die kirchliche Beerdigung verweigert habe.[1] Von der Nationalen Front wurde deshalb eine Einwohnerversammlung einberufen, über welche die SED-Kreisleitung Wolgast die SED-Bezirksleitung Rostock in einem Telegramm am 5. Dezember 1957 unterrichtete:  "Zu dieser Versammlung waren ca. 400 Einwohner aus Ahlbeck erschienen, um endlich Klarheit zu bekommen in der Frage des Verhaltens Pastor Schwenkers. Gen. Bradhering [...] legte dar, dass Pastor Schwenker ein Mensch ohne Gewissen ist [...] Freund Hagenstein, CDU, [ ] protestierte im Namen aller ehrlichen Christen gegen das Verhalten der Nato-Kirche [ ] er forderte das Konsistorium in Greifswald auf, Pfarrer Schwenker aus Ahlbeck zu entfernen, damit Ruhe und Ordnung [...] herrscht [...] alle Anwesenden außer den wenigen Jugendlichen der Jungen Gemeinde und einigen älteren Bürgern [...] fordern die Ablösung des Pfarrers Schwenker,"[2] Am 25. Februar 1958 berichtete der Vorsitzende des Rates des Kreises Wolgast in einem Brief dem Greifswalder Bischof Krummacher über einen Beschluss des Kreistages : "Pastor Schwenker scheute nicht davor zurück, der [...] leidgeprüften Mutter, Frau W. aus Ahlbeck, die Beerdigung ihres Sohnes Klaus zu verweigern. Die Begründung war, ihr Sohn habe die Jugendweihe erhalten und der jüngere Bruder, der gegenwärtig an der Jugendweihe teilnimmt, müsse die Jugendweihe aufgeben, dann sei er bereit, ihren Sohn zu beerdigen. [...] Der Kreistag Wolgast [...] verlangt die sofortige Ablösung des Pastors Schwenker."[3]

Bischof Krummacher stellte sich hinter den Pfarrer und machte laut SED in einer Gottesdienstpredigt in Ahlbeck „den Versuch, die Kirchgemeinde in Ahlbeck fest hinter Schwenker zu stellen, um gegen 'die Protestaktionen der Bevölkerung bestehen zu können‘".  Angeführt von der FDJ „demonstrierten die [...] Jugendlichen durch die Straßen Ahlbecks mit Kampfliedern und Losungen, auf denen zu lesen stand: ,Fort mit Schwenker aus Ahlbeck'. In Sprechchören forderten die Jugendlichen: ,Wir wollen keine Nato-Pfaffen, wir wollen für den Frieden schaffen. Schwenker raus';  ferner: 'Schwenkers Wort in deutschem Lande ist für jeden Deutschen eine Schande.'''[4]

[1] https://books.google.de/books?...

[2] Diederich, Georg: SED und Jugendweihe, in: Diederich, Georg/Schäfer, Bernd/Ohlemacher, Jörg:  Jugendweihe in der DDR. Geschichte und Bedeutung aus christlicher Sicht, Schwerin 1998, S. 35.

[3] Ebenda.

[4] Ebenda.